Erforschung von Myelin

Erforschung von Myelin

Der Hauptfokus der Elektronenmikroskopie Core Unit liegt auf der Erforschung von Myelin, einer membranösen vielschichtigen Struktur, die die sogenannte weiße Substanz im Gehirn ausmacht. Myelin wird von Oligodendrozyten im zentralen Nervensystem (ZNS) hergestellt und von Schwannzellen im peripheren Nervensystem (PNS). Die Myelinscheide ist ein Schlüsselelement von langen Axonen, da es die Nervenleitungsgeschwindigkeit auf Grund der saltatorischen Erregungsleitung bis zu 100-fach beschleunigt, verglichen mit nicht-myelinisierten Axonen. Abgesehen davon erfüllt die Myelinscheide Schutz- und Unterstützungsfunktionen für die myelinisierten Axone.

Mit Hilfe von von Mausgenetik können wir die Biologie und Funktion von myelinisierenden Gliazellen im ZNS und PNS untersuchen. Hierbei fokussieren wir uns auf den Mechanismus der Myelinbiogenese, Aufrechterhaltung und den Umbau. Eine erstaunliche Eigenschaft, die mit Elektronenmikroskopie sichtbar wird, ist das solide und nicht dynamische Erscheinungsbild der Struktur. Des Weiteren ist bekannt, dass die Myelinproteine sehr langsam umgesetzt werden. Um diesen Mechanismus des Myelinumbaus besser zu verstehen, haben wir induzierbare knock-out Strategien in adulten Mäusen verwendet und die räumlichen und zeitlichen Veränderungen in der Myelinultrastruktur verfolgt.

Basierend auf der engen Beziehung zwischen der Myelinscheide und dem eingehüllten Axon, auch Axo-Glia-Einheit genannt, können pathologische Veränderungen in den myelinisierenden Gliazellen die axonale Integrität beeinflussen. Wir erforschen pathologische morphologische Veränderungen in unterschiedlichen Myelin Mutanten, um die Funktion von intaktem Myelin, als auch Krankheitsbilder in Leukodystrophien und in Alterungsprozessen besser zu verstehen. Die Beeinträchtigung der Myelinscheide und die Konsequenzen wurden in demyelinisierenden Krankheitsmodellen wie Multipler Sklerose und Neuromyelitis Optica (Weil et al., 2016 und 2017) untersucht. Abgesehen von Mausmodellen menschlicher Erkrankungen sind wir auch daran interessiert, die evolutionären Aspekte der Myelinentwicklung zu verstehen. Um Fragen in der Myelinevolution zu thematisieren, haben wir eine kieferlose Modellspezies, das Meeresneunauge Petromyzon marinus, ausgewählt, welches kein Myelin bildet, aber mögliche Hinweise gibt durch Parallelen zu Vorfahren vor der Entstehung von Myelin in der Vertebratenevolution. Um die Hypothese zu testen, dass Äquivalente evolutionärer Vorformen von myelinisierenden Zellen in dieser altertümlichen Spezies erhalten sind, analysierten wir die Axo-Glia-Einheit im Seitenliniennerv (der das PNS repräsentiert). Zusätzlich haben wir uns das Rückenmark im Larvenstadium und im adulten Tier mit dem Transmissionselektronenmikroskop und Volumenbildgebung im FIB-SEM ebenso wie Fluoreszenz in-situ Hybridisierung untersucht (Weil et al., 2018).


Referenzen:

Weil M-T, Möbius W, Winkler A, Ruhwedel T, Wrzos C, Romanelli E, Bennett JL, Enz L, Goebels N, Nave KA, Kerschensteiner M, Schaeren-Wiemers N, Stadelmann C, Simons M (2016) Loss of Myelin Basic Protein Function Triggers Myelin Breakdown in Models of Demyelinating Diseases. Cell Rep. Jul 12;16(2): 314-22.

Weil, M-T, Ruhwedel, T, Möbius W, and Simons, M. (2017) Intracerebral injections and ultrastructural analysis of high-pressure frozen brain tissue. Curr. Protoc. Neurosci. 78:2.27.1-2.27.18. doi: 10.1002/cpns.22

Weil M-T, Heibeck S, Töpperwien M, tom Dieck S, Ruhwedel T, Salditt T, Rodicio MC, Morgan JR, Nave K-A, Möbius W and Werner HB. (2018) Axonal Ensheathment in the Nervous System of Lamprey: Implications for the Evolution of Myelinating Glia. Journal of Neuroscience 18 July 2018, 38 (29) 6586-6596

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