Objekte erwärmen sich schneller als sie abkühlen – solange sie klein genug sind
Wenn sich nach einer schnellen Änderung der Temperatur das thermodynamische Gleichgewicht wiedereinstellt – in diesem Beispiel die Temperatur des Biers oder Kaffees – ist dabei die sogenannte freie Energie die treibende Kraft. Sie setzt sich aus zwei Treibkräften zusammen, die einander entgegenwirken: der Entropie und der Potenzialenergie.
„Zapfen wir ein kaltes Bier, ändert sich dessen Umgebungstemperatur, denn im Fass ist es kühler“, erklärt Lapolla, Doktorand in der Forschungsgruppe von Godec am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie. „Das kalte Bier erwärmt sich auf die Umgebungstemperatur, die vorherrschende treibende Kraft dabei ist die Entropie des Biers. Die Entropie zeigt an, in welche Richtung Prozesse in der Natur spontan ablaufen können. Wärme, also die Bewegungsenergie von Teilchen, kann beispielsweise immer nur vom Warmen zum Kalten fließen, in diesem Beispiel von der wärmeren Umgebungstemperatur zum kälteren Getränk. Die Entropie befördert daher, dass sich unser kühles Bier aufwärmt.“
„Potenzialenergie ist eine Treibkraft, die ein System stets loswerden will, weil es nach einem Zustand niedrigerer Energie strebt“, ergänzt der Gruppenleiter Godec. „Ein Ball rollt immer den Berg hinunter, nie hinauf. Die Potenzialenergie bremst also in unserem Beispiel das Erwärmen des Biers und fördert das Abkühlen des Kaffees.“
Die Forscher bewiesen nun erstmals mathematisch, dass die Entropie beim Aufwärmen viel effizienter wirkt als die Potenzialenergie beim Abkühlen. “Wir haben gezeigt, dass das Gegenspiel von Potenzialenergie und Entropie beim aufwärmenden System die Rückkehr zum thermodynamischen Gleichgewicht weniger behindert. Unter der Bedingung, dass die Differenz der freien Energie zum thermodynamischen Gleichgewicht in zwei Systemen gleich ist, erwärmt sich daher ein System auf der Nanoskala schneller als es abkühlt – auch wenn uns dies nicht sehr intuitiv erscheint. Ist Ihr Bier und Kaffee genügend klein, sollten Sie also zuerst zum Bierglas greifen“, so der Physiker mit einem Augenzwinkern.
Die Ergebnisse der Wissenschaftler lassen sich zukünftig beispielsweise nutzen, um die Leistung mikroskopisch kleiner Wärmekraftmaschinen oder synthetischer Nanomaschinen zu verbessern. (ag/cr)