Nachwuchsforscher David Ban und Sina Mozaffari Jovin erhalten Otto-Hahn-Medaillen 2013

5. Juni 2014
Die Göttinger Wissenschaftler Sina Mozaffari Jovin und David Ban vom Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie sind mit der Otto-Hahn-Medaille 2013 ausgezeichnet worden. Mit diesem Preis ehrt die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) jährlich Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher für herausragende Leistungen in ihrer Promotion. Die mit jeweils 7500 Euro dotierten Auszeichnungen wurden den Preisträgern am 4. Juni 2014 auf der MPG-Hauptversammlung in München überreicht.

Bei Proteinen spielt neben der richtigen Form auch ihre Beweglichkeit eine große Rolle, damit sie ihre wichtigen Aufgaben in unserem Körper, beispielsweise als Transport- oder Signalmoleküle, übernehmen können. Messen lässt sich die Dynamik von Proteinen durch spezielle Experimente der Kernspinresonanzspektroskopie (NMR). Bisher konnten Forscher so Bewegungen im Bereich von etwa 40 bis 50 Mikrosekunden, also Millionstel von Sekunden, beobachten.

Dynamik von Proteinen in Aktion beobachten

Das Ziel von David Bans Doktorarbeit war es, dieses zeitliche Limit zu unterschreiten. Dafür untersuchte er das Protein Ubiquitin in Aktion. Dieser Verwandlungskünstler unter den Proteinen ändert ständig innerhalb kürzester Zeit seine Struktur, um mit einer Vielzahl verschiedener Proteine in der Zelle zusammenzuarbeiten. Da diese Veränderungen bei Körpertemperatur zu schnell für die NMR-Messmethoden ablaufen, führte der Nachwuchsforscher die Experimente zunächst unter unterkühlten Bedingungen durch. „Das hat uns den Schlüssel geliefert, um dann auch bei Körpertemperatur zwei- bis sechsfach schnellere Reaktionen im Bereich von 1 bis 25 Mikrosekunden experimentell beobachten zu können“, erklärt David Ban. So benötigt Ubiquitin bei -8 Grad Celsius 120 Mikrosekunden, um seine Form zu verändern, bei Körpertemperatur hingegen nur noch zehn Mikrosekunden. „Auch wenn ich die Methoden vor allem auf Ubiquitin angewendet habe, könnten diese Erkenntnisse die Tür öffnen, um künftig die Funktionsweise weiterer relevanter Biomoleküle genauer zu untersuchen.“

Kontrollmechanismen in molekularer Nanomaschine

Spleißosomen sind hochkomplexe molekulare Nanomaschinen, die aus der Rohfassung einer Boten-RNA (Prä-mRNA) nicht kodierende Abschnitte (Introns) herausschneiden und die kodierenden Bereiche verknüpfen. Erst die gespleißte mRNA kann als Matritze für die Proteinproduktion in Zellen verwendet werden. Für jeden Spleißvorgang wird ein Spleißosom auf einem Intron aus fünf kleinen RNAs und vielen Proteinen neu zusammengelagert, und zwar zunächst in einer inaktiven Form. Die katalytische Aktivierung des Spleißosoms wird durch ein RNA-Entwindungsenzym (RNA-Helikase) namens Brr2 eingeleitet. Dabei nimmt die kleine RNA U6 ihre katalytisch aktive Konformation ein.

In seiner Promotionsarbeit hat Sina Mozaffari Jovin mit biochemischen und genetischen Experimenten wichtige Kontrollmechanismen aufgeklärt, die dafür sorgen, dass Brr2 das Spleißosom zum richtigen Zeitpunkt aktiviert. Dies geschieht im Zusammenspiel mit einem weiteren, Prp8 genannten, Protein. Dabei hält Prp8 die Brr2-Helikase auf zwei verschiedene Arten in Schach. Zum einen blockiert es die Bindungsstelle von Brr2 auf seiner Substrat-RNA. Zum anderen konnte der Nachwuchsforscher zeigen, dass Prp8 mit einem Proteinabschnitt vorübergehend den RNA-Bindungskanal von Brr2 belegt. „Wir haben mit diesen Arbeiten einen völlig neuen Regulationsmechanismus einer RNA-Helikase aufdecken können“, sagt Sina Mozaffari Jovin. „Zudem haben diese Untersuchungen zu einem besseren Verständnis beigetragen, wie Punktmutationen in dem an Brr2 bindenden Prp8-Abschnitt zu Retinitis pigmentosa führen können. Diese Erbkrankheit der Netzhaut des Auges kann zur Erblindung führen.“ (ms)

Über die Preisträger

David Ban studierte Biochemie, Biophysik und Biomedizinische Technik in den USA. Von 2010 bis 2013 forschte er im Rahmen seiner Doktorarbeit in der Abteilung NMR-basierte Strukturbiologie von Christian Griesinger am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen auf dem Gebiet der Dynamik von Proteinen. Nach Abschluss seiner Promotion wechselte David Ban als Postdoktorand in die Abteilung Strukturbiologie des St. Jude Children’s Research Hospital in Memphis (USA).

Sina Mozaffari Jovin kam nach seinem Studium der Zell- und Molekularbiologie im Iran 2007 für das Master/PhD-Programm der International Max Planck Research School for Molecular Biology nach Göttingen. In der Abteilung Zelluläre Biochemie von Reinhard Lührmann am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie forschte er während seiner Promotion auf dem Gebiet der Kontrollmechanismen des Spleißosoms. Dabei kooperierte er mit der Forschungsgruppe Strukturbiochemie von Markus Wahl an der Freien Universität Berlin. Zurzeit arbeitet Sina Mozaffari Jovin in der Abteilung Zelluläre Biochemie als Postdoktorand.

 

Über die Otto-Hahn-Medaille

Seit dem Jahr 1978 zeichnet die MPG jährlich Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher für außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen und herausragende Promotionen mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Ziel des mit 7500 Euro dotierten Preises ist es, die jungen Wissenschaftler bei ihrer weiteren Hochschul- und Forscherkarriere im Ausland zu unterstützen. Die Auszeichnung wird im Folgejahr auf der Hauptversammlung der MPG verliehen.

 

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