Statement des MPI-NAT zu Tierversuchen

Statement des MPI-NAT zu Tierversuchen

Ein wesentliches Ziel biologischer und medizinischer Grundlagenforschung ist es, ein möglichst vollständiges Bild über die komplexen Vorgänge im Organismus zu erhalten. Dies ist die Voraussetzung, um Krankheiten zu verstehen und entsprechende Medikamente oder Behandlungsmethoden entwickeln zu können. Hierfür sind Tierversuche noch nicht in allen Bereichen ersetzbar.

Zwar ist es richtig, dass die Ergebnisse der meisten Tierversuche nicht sofort und direkt auf den Menschen übertragbar sind. Aber viele medizinische Eingriffe, darunter Organtransplantationen, das Einsetzen von Herzklappen oder die Dialyse, wurden am Tiermodell entwickelt und werden tagtäglich bei Menschen erfolgreich durchgeführt. Ohne Tierversuche wären beispielsweise keine Covid-19-Impfstoffe entwickelt worden. Auch die Erforschung von neurologischen und neurodegenerativen Erkrankungen, wie sie auch an unserem Institut stattfindet, wäre ohne Tierversuche nicht möglich. Jedes einzelne Medikament, jeder einzelne Impfstoff und jede Therapie muss vorab im Tierversuch getestet werden. Dies gilt für eine Kopfschmerztablette ebenso wie für eine Krebsbehandlung. Der medizinische Fortschritt der letzten Jahrzehnte hat dazu geführt, dass Millionen Menschen allein in Deutschland erfolgreich behandelt und geheilt wurden. Dies wäre ohne Tierversuche nicht möglich gewesen.

Ethische Verantwortung, 3-R-Prinzip und ein viertes R

Wann immer möglich, setzen wir am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften alternative, tierversuchsfreie Methoden wie beispielsweise Computersimulationen, Zellkulturen oder Organoide ein, um molekulare Vorgänge in lebenden Zellen zu untersuchen. Experimente mit Versuchstieren führen wir nur dann durch, wenn alle anderen Methoden für die wissenschaftliche Fragestellung nicht geeignet sind. Dies ist auch gesetzlich so vorgeschrieben. Die Notwendigkeit eines jeden tierexperimentellen Versuchs wird stets sorgfältig abgewogen.

Das Wohl der Versuchstiere ist dabei allen mit Tierversuchen befassten Mitarbeitenden ein besonderes Anliegen: Tierschutz, bestmögliche Haltungsbedingungen und verantwortungsvoller Umgang mit den Tieren sind uns nicht nur eine gesetzliche, sondern vor allem auch eine ethische Verpflichtung. Sie sind darüber hinaus auch unabdingbare Voraussetzung dafür, dass verwertbare und reproduzierbare wissenschaftliche Ergebnisse entstehen. 

Wenn Versuche geplant und durchgeführt werden, wenden wir das sogenannte 3-R-Prinzip an:

  • Replace  Ersatz von tierexperimenteller Forschung durch alternative Methoden ohne Versuchstiere,
  • Reduce  Verringerung der Zahlen der verwendeten Tiere im Versuch,
  • Refine – Verbesserung der Methoden und Haltungsbedingungen für eine reduzierte Belastung der Versuchstiere.

Die Zahl der Tiere pro Versuch wird auf das unbedingt erforderliche Minimum reduziert. Die Durchführung der Versuche und die Haltung der Tiere werden so optimiert, dass die Tiere so gering wie möglich belastet werden und Tierversuche werden durch Alternativmethoden ersetzt, wann immer dies möglich ist.

Darüber hinaus verpflichten sich die Forschenden der Max-Planck-Gesellschaft in ihrer Grundsatzerklärung von 2016 zu dem vierten R „Responsibility“ (Verantwortung) und fördern den Tierschutz in ihren Instituten. 

Jeder Tierversuch an einem Wirbeltier ist genehmigungspflichtig

Strenge Vorschriften kontrollieren in Deutschland die tierexperimentelle Forschung wie kaum einen anderen Bereich der Tierhaltung und -nutzung. Jeder Tierversuch an einem Wirbeltier ist genehmigungspflichtig und die Zulassungsbehörden überprüfen in jedem Einzelfall, ob der Versuch unerlässlich und ethisch vertretbar ist und ob die angestrebten Erkenntnisse auch auf andere Weise gewonnen werden können. Alle Tierversuche mit Wirbeltieren müssen vom Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg genehmigt werden.

Zusätzlich sind in der Tierschutz-Versuchstier-Verordnung die Details für die Arbeit mit Versuchstieren vorgegeben, nach denen wir uns ebenfalls strikt richten. Vertreter*innen der zuständigen Behörden haben jederzeit Zutritt zu den Tierhaltungsbereichen und Laboren.

An unserem Institut ist zudem ein interner Tierschutzausschuss tätig. Tierexperimentell tätige Wissenschaftler*innen, technischen Assistent*innen sowie Tierpfleger*innen tragen gemeinsam mit den Tierschutzbeauftragten allen Belangen des Tierschutzes optimal Rechnung.


Auszeichnungen

Tierschutzforschungspreis für Dirk Görlich und Tino Pleiner
Die von den Forschern entwickelten sekundären Nanobodies aus Alpakas können in Medizin und Forschung eingesetzte Antikörper ersetzen und so die Anzahl der Tiere in der Antikörper-Produktion drastisch reduzieren. mehr
Zur Redakteursansicht