ERC Advanced Grant für Alec Wodtke

7. April 2017
Der Göttinger Forscher Alec Wodtke ist mit einem ERC Advanced Grant ausgezeichnet worden. Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert die Arbeit des Chemikers über die nächsten fünf Jahre mit rund 2,5 Millionen Euro. Mit seiner Abteilung Dynamik an Oberflächen am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie und an der Universität Göttingen untersucht Wodtke die Kollisionen von Atomen oder Molekülen eines Gases mit einer festen Oberfläche. Solche „Nano-Crashtests“ helfen dabei, die physikalischen Gesetze chemischer Reaktionen aufzudecken. Das Fördergeld will der Preisträger nutzen, um Methoden zur Erzeugung ultrakurzer Materiepulse zu entwickeln, mit denen sich die Zeitpunkte der atomaren Zusammenstöße besser kontrollieren lassen. Dieser experimentelle Fortschritt soll wichtige Erkenntnisse für die Photokatalyse, Mikroelektronik und Photovoltaik liefern.

Wohl jeder hat bei einem Crashtest das folgende Bild im Kopf: Ein Fahrzeug prallt mit großer Wucht gegen ein anderes Verkehrsmittel oder ein Hindernis. Dabei lässt sich untersuchen, wie sich ein Fahrzeug bei einem Aufprall verhält und wo welche Kräfte wirken. Solche Kollisionsversuche unter kontrollierten Bedingungen werden im Nano-Maßstab auch von Wissenschaftlern im Labor eingesetzt. Bei diesen „Nano-Crashtests“ lassen die Forscher Atome und Moleküle gezielt miteinander kollidieren und lösen so chemische Reaktionen aus. Das Ziel der Wissenschaftler ist es zu entschlüsseln, welche physikalischen Gesetze den chemischen Reaktionen zugrunde liegen: Die Versuche lassen Rückschlüsse darauf zu, wie Energie auf atomarer Ebene gespeichert und umgewandelt wird oder wie sich chemische Katalysen verbessern lassen.

Mit seinem Team erforscht Wodtke atomare Zusammenstöße an der Grenzfläche von Gasen und Festkörpern. Um die Reaktionen kontrolliert in Gang zu setzen, hat der Wissenschaftler eine Methode entwickelt, mit der sich gasförmige Atome zu einem Strahl bündeln lassen, mit dem dann Festkörper gezielt beschossen werden. „Dies ist schwieriger als es klingt. Aufgrund von Entropie – also der Tendenz aller Materie zur Unordnung – fliegen die gasförmigen Atome auseinander. Wir müssen die Atome aktiv zu einem Strahl formen“, sagt der Chemiker über seine bahnbrechende Methode, bunch-compression-Photolyse genannt.

Wodtke will diese Methode nun weiter verbessern und schließlich nutzen, um zeitlich aufgelöste Experimente durchzuführen, die durch atomare Kollisionen angestoßen werden. Dabei will er herausfinden, was geschieht, wenn ein Atompuls auf eine feste Oberfläche trifft, die zeitgleich durch Licht oder Schwingungen angeregt wird. „Bislang gibt es keine Methoden, mit denen sich kurzlebige Zwischenprodukte von chemischen Reaktionen an Oberflächen zeitlich verfolgen lassen. Unsere geplanten Experimente werden uns dabei helfen, die Oberflächenchemie besser zu verstehen und Katalysen zu optimieren", so der Preisträger. (ad)

Über Alec M. Wodtke

Alec Wodtke studierte Chemie an der University of Utah (USA) und promovierte 1986 in physikalischer Chemie an der University of California in Berkeley (USA). Nach zwei Jahren als Postdoktorand am damaligen MPI für Strömungsforschung (heute: MPI für Dynamik und Selbstorganisation) in Göttingen forschte er von 1988 bis 2010 an der University of California in Santa Barbara (USA). Auf gemeinsamen Vorschlag der Universität Göttingen und des MPI für biophysikalische Chemie wurde er 2010 mit einer Alexander von Humboldt-Professur ausgezeichnet und ist seither Professor an der Universität Göttingen sowie Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Dort leitet er die Abteilung Dynamik an Oberflächen.

Über die ERC Advanced Grants

Die ERC Advanced Grants werden seit dem Jahr 2008 vom Europäischen Forschungsrat (European Research Council, ERC) vergeben. Bewerben können sich Wissenschaftler, die als unabhängige Gruppenleiter arbeiten und mindestens zehn Jahre exzellenter Forschung vorweisen können. Die Erfolgsquote von nur etwa zehn Prozent zeigt, wie kompetitiv der Wettbewerb ist. In der diesjährigen, zehnten Wettbewerbsrunde wurden 2.400 Anträge eingereicht. Insgesamt bewilligte der ERC davon 231 Anträge mit einem Gesamtbudget von 540 Millionen Euro. Die einzelnen Förderprojekte werden über maximal fünf Jahre mit bis zu 2,5 Millionen Euro unterstützt.

Weitere interessante Beiträge

Zur Redakteursansicht