Sauber sortiert – fehlerfreie Chromosomentrennung in Eizellen braucht Aktin

25. August 2017
Der Reifungsprozess von Säugetier-Eizellen ist sehr anfällig für Fehler. Werden beispielsweise beim Menschen die Chromosomen bei der Reifung der Eizellen nicht zuverlässig getrennt, kann dies zu Fehlgeburten oder Chromosomen-Anomalien wie dem Down-Syndrom führen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie in Göttingen haben nun am Modell der Maus gezeigt, dass das Strukturprotein Aktin Eizellen vor Fehlern bei der Chromosomentrennung schützt. (Science, 25. August 2017)

Wird eine Eizelle von einem Spermium befruchtet, vereinen sich die mütterlichen Chromosomen mit den väterlichen – ein neues Leben beginnt. Ein gesunder Embryo kann sich aber nur dann entwickeln, wenn Ei- und Spermazelle exakt ein Exemplar eines jeden Chromosoms enthalten. Die Vorläuferzellen der Eizellen, die sogenannten Oozyten, besitzen – wie alle anderen Zellen unseres Körpers – je zwei Kopien jedes Chromosoms. In einem Reifungsprozess halbieren sie ihren Chromosomensatz durch eine spezialisierte Zellteilung, die Meiose. Dabei werden die gepaarten Chromosomen mithilfe einer komplexen Maschinerie getrennt, die sich Spindel nennt. Die Spindel sorgt zunächst dafür, dass sich die Chromosomenpaare in der Zellmitte anordnen. Dort werden sie voneinander separiert und der Spindelapparat transportiert dann je ein Chromosom zu den beiden sich gegenüberliegenden Zellpolen.

Göttinger Max-Planck-Forscher haben nun herausgefunden, dass Aktinfasern eine wichtige Rolle bei der Meiose spielen. „Aktin schützt die Oozyten von Säugetieren vor Defekten bei der Chromosomentrennung“, berichtet Melina Schuh, Direktorin der Abteilung Meiose am MPI für biophysikalische Chemie. „Bisher war bekannt, dass Aktinfasern zum Beispiel für die Wanderung und Formgebung von Zellen von großer Bedeutung sind. Dass Aktinfasern ebenfalls an der Trennung der Chromosomen in Eizellen beteiligt sind, war für uns sehr überraschend. Denn bisher ging man davon aus, dass die Spindel vor allem aus Proteinfasern namens Mikrotubuli besteht.“ In ihren Experimenten haben die Wissenschaftler Oozyten der Maus mit hochauflösender Mikroskopie untersucht. „Wir konnten sehen, dass Aktin in der Meiose wie die Mikrotubuli eine faserähnliche Struktur ausbildet und die Mikrotubuli-Spindel durchsetzt“, erzählt Binyam Mogessie, Erstautor der jetzt im renommierten Fachjournal Science erschienenen Arbeit und Nachwuchswissenschaftler bei Melina Schuh.

Wie die Forscher zeigen konnten, ist der Anteil an Aktin in der Spindel während der Teilungsphase am höchsten, in der die Chromosomenpaare zu den Zellpolen gezogen werden. Um die Funktion des Aktins in der Spindel zu erforschen, betrachteten die Wissenschaftler anschließend Oozyten, bei denen sie die Menge an Aktin entweder reduziert oder erhöht hatten, und analysierten mögliche Defekte in der Meiose.

Aktin fördert vermutlich die Spindelbildung

„Oozyten mit reduziertem Aktin neigen zu einer fehlerhaften Chromosomentrennung. Die Zellen brauchen länger, um die Chromosomen vor der Teilung in der Zellmitte anzuordnen. Außerdem werden die Chromosomen in diesen Zellen nicht gleichmäßig auf die beiden Zellpole verteilt. Einzelne Chromosomen bleiben auf dem Weg liegen“, so Max-Planck-Direktorin Schuh über die neuesten Forschungsergebnisse ihrer Abteilung. „Ähnliche Defekte finden wir in Zellen mit erhöhtem Aktin in der Spindel. Zusätzlich beobachten wir dort, dass mehr Spindelfasern an die Chromosomen binden“, ergänzt Mogessie. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass Aktin sehr wahrscheinlich die Bildung der Spindelfasern fördert, mit deren Hilfe die Chromosomenpaare während der Meiose zunächst in der Zellmitte angeordnet und dann getrennt werden.

Solche Aktinfasern konnten die Wissenschaftler nicht nur in Eizellen der Maus, sondern auch in den Spindeln von Mensch, Schaf und Schwein nachweisen. „Wir möchten in weiteren Experimenten klären, ob Aktin menschliche Oozyten ebenfalls vor Fehlern bei der Chromosomentrennung bewahrt“, sagt Schuh. (ad)

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