Claudia Schmidt mit Otto-Hahn-Medaille geehrt

23. Juni 2021

Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zeichnet die Postdoktorandin am Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie mit dem Preis für ihre herausragenden Leistungen in der Doktorarbeit aus. Die Biochemikerin erforschte dabei, wie Zellen nicht mehr benötigte Bestandteile markieren und entsorgen. Der Preis wurde der Forscherin am 22. Juni auf der MPG-Jahreshauptversammlung feierlich überreicht.

Jeden Tag produzieren wir Müll, der in Tonnen und Säcken landet und von den Entsorgungsbetrieben abgeholt wird. Auch in unseren Zellen entsteht Abfall, wenn ihre Bestandteile beschädigt oder funktionsunfähig werden. Daher haben auch Zellen eine „Müllabfuhr“. Wenn diese nicht funktioniert, kann das fatale Folgen haben, weil sich nicht mehr benötigte Moleküle in der Zelle ansammeln. „Beispielsweise werden einige Krankheiten wie Krebs, Parkinson oder Alzheimer mit einer gestörten Müllabfuhr in der Zelle in Verbindung gebracht“, erklärt Schmidt.

In der Forschungsgruppe Membranproteinbiochemie von Alexander Stein erforschte die Preisträgerin, wie Zellen ausgediente Proteine entsorgen. Viele dieser ausrangierten Moleküle liegen in der Zelle in abgetrennten Bereichen vor, den sogenannten Organellen. Dort werden sie zunächst als „unbrauchbar“ markiert, indem ihnen ein molekulares Etikett – Ubiquitin genannt – angehängt wird. Anschließend werden sie aus den Organellen herausgeschleust und im Zytosol abgebaut. Viele der Abfall-Proteine sind allerdings fest in den Hüllmembranen verankert, die die Organellen umschließen. Sie für den Abtransport herauszulösen, stellt die Zelle daher vor eine Herausforderung.

Enzyme mit überraschenden Funktionen

„In meiner Doktorarbeit wollte ich herausfinden, wie Zellen es schaffen, die nicht mehr benötigten Proteine zunächst zu markieren und anschließend aus den Organellmembranen zu lösen“, erläutert Schmidt. „Dafür habe ich erstmalig die Entsorgungsmaschinerie des Enzyms Ubiquitin Ligase Doa10 im Reagenzglas nachgebaut.“ Die Wissenschaftlerin konnte zeigen, dass das Enzym Proteine nicht nur mit Ubiquitin markiert. Überraschenderweise lockert Doa10 auch deren Verankerung in der Hüllmembran, sodass sie sich leichter davon lösen. „Letztere Funktion war bisher nicht bekannt“, berichtet Schmidt. „Unterschiedliche Organellen haben zwar jeweils eigene Entsorgungssysteme, jedoch ist es möglich, dass die Enzyme der anderen Systeme ähnliche Fähigkeiten haben wie Doa10. Deswegen sind die Erkenntnisse aus meiner Doktorarbeit auch hochrelevant für andere Bereiche der Zellbiologie.“

Als Postdoktorandin ermittelt Claudia Schmidt zurzeit die Struktur des Enzyms Doa10 sowie seine Funktion in Zellen. Ende des Jahres tritt sie ihren nächsten Karriereschritt als Postdoktorandin an der ETH Zürich (Schweiz) an, wo sie weiterhin die Mechanismen der zellulären Müllabfuhr erforscht.

Über die Preisträgerin

Claudia Schmidt absolvierte ihr Bachelor-Studium in Biologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für ihr Masterstudium wechselte sie nach Göttingen in die International Max Planck Research School for Molecular Biology. Nach ihrem Abschluss forschte sie für ihre Doktorarbeit in der Forschungsgruppe Membranproteinbiochemie von Alexander Stein am MPI für biophysikalische Chemie. Seit Abschluss ihrer Promotion Ende 2019 arbeitet sie dort als Postdoktorandin.

Über die Otto-Hahn-Medaille

Seit dem Jahr 1978 zeichnet die MPG jährlich Nachwuchsforschende für außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen und herausragende Promotionen mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Ziel des mit 7500 Euro dotierten Preises ist es, die jungen Wissenschaftler*innen bei ihrer weiteren Hochschul- und Forschungskarriere im Ausland zu unterstützen. (kr)

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