Neue Isomere eröffnen großes Potenzial für Fluoreszenzfarbstoffe

Im Vordergrund ist das vereinfachte Prinzip des Nachbargruppeneffekts dargestellt. Im Hintergrund sind STED-Nanoskopie-Aufnahmen von lebenden Zellen zu sehen, in denen Aktin, Mikrotubulin und DNA markiert und aufgenommen wurden. Überschuss an Markern wurde nicht entfernt.
Die Fluoreszenzmikroskopie lebender Zellen wird in der Biologie und Medizin immer wichtiger. Dies bringt neue Anforderungen an die entsprechenden Farbstoffe mit sich: Sie müssen in die Zelle eindringen können, und sie dürfen nicht mit anderen zellulären Bestandteilen außer ihrem eigentlichen Ziel in Wechselwirkung treten.
Um dies zu erreichen, nutzten die Forscher den sogenannten Nachbargruppeneffekt: Eine chemische Gruppe in einem Molekül beeinflusst die schwachen Wechselwirkungen in seiner unmittelbaren Nachbarschaft. Dadurch verändert sich auch, wie das Molekül insgesamt mit seiner Umgebung interagiert. In diesem Fall haben die Wissenschaftler die Position einer chemischen Gruppe eines Fluoreszenzfarbstoffs so verändert, dass das Molekül leichter in die Zelle eindringen kann.
Herzstück ihrer Arbeit bildeten die Rhodamine, eine bestimmte Klasse von Fluoreszenzfarbstoffen. Diese gibt es in verschiedenen Variationen, auch Isomere genannt. In den bisher bekannten Varianten gibt es keinen Nachbargruppeneffekt, da die beiden sogenannten Carboxylgruppen im Molekül zu weit voneinander entfernt liegen. Lukinavičius und seine Mitarbeiter stellten nun ein neues Isomer vor, in dem sich die zwei Gruppen in direkter Nachbarschaft befinden. „Eine solche Platzierung nahe beieinander aktiviert eine Reihe von schwachen intramolekularen Kräften, die die Eigenschaften des Fluorophors verändern und es viel zelldurchlässiger machen", erklärt Jonas Bucevičius, Erstautor des kürzlich in der Fachzeitschrift Chemical Science veröffentlichten Artikels.
„Das wichtigste Merkmal des Isomers ist, dass sich dieses Prinzip auf alle rhodaminähnlichen Farbstoffe übertragen lässt, die nur schwer in die Zelle gelangen. Dies erweitert den Werkzeugkasten der Farbstoffe erheblich, die sich zur Herstellung neuer Fluoreszenzmarker verwenden lassen“, sagt der Biochemiker Lukinavičius. Ihre Entdeckung haben sich die Wissenschaftler schon patentieren lassen. Dank der von der Forschungsgruppe eingeführten chemischen Veränderung wird nur noch ein Hundertstel der Menge des Farbstoffs benötigt. Dies hat den zusätzlichen Vorteil, dass dieser nach der Markierung nicht mehr entfernt werden muss. (gl/cr/is)