Stefan Hell wird in den Orden Pour le mérite gewählt

26. Juli 2022

Die Vereinigung zeichnet den Chemie-Nobelpreisträger und Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften damit für seine besonderen Verdienste in der Wissenschaft aus. Die Aufnahme in den Orden zählt zu den höchsten Ehrungen, die Forschenden oder Künstler*innen in Deutschland zuteilwerden können. Neben Hell wurden der Dirigent und Musikwissenschaftler Peter Gülke, der Philosoph Jürgen Habermas sowie der britische Architekt Sir David Chipperfield aufgenommen. Die Entscheidung gab der Kanzler des Ordens, Hermann Parzinger, am 22. Juni bekannt.

„Die Aufnahme in diesen renommierten und traditionsreichen Orden ist für mich eine weitere schöne Anerkennung meiner Laufbahn“, sagt der Max-Planck-Direktor nach seiner Annahme der Wahl.

Dem Physiker gelang es mit der von ihm entwickelten STED-Mikroskopie erstmals, die Beugungsgrenze des Lichts zu überwinden. STED-Mikroskope erreichen eine Auflösung von bis zu 20 Nanometern, rund zehn Mal schärfer als herkömmliche Geräte. Hell revolutionierte damit die Fluoreszenz-Lichtmikroskopie und wurde dafür 2014 mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt. Aufbauend auf dem STED-Prinzip steigerte der Max-Planck-Forscher mit seinem Team die Auflösung mit der MINFLUX- und MINSTED-Methode seitdem noch einmal um das Zehnfache. Mithilfe dieser Weiterentwicklungen lassen sich auch unmittelbar benachbarte Moleküle lichtmikroskopisch voneinander trennen – bis hin zu einer Auflösungsgrenze von einem Nanometer. Die Mikroskope können so selbst dicht gepackte Strukturen in Organellen von Zellen sichtbar machen. Biomoleküle, die sich in der Zelle bewegen, sind bis zu 100-mal schneller verfolgbar, als es mit bisherigen Methoden möglich war.

Nach Manfred Eigen (†2019) und Erwin Neher ist Stefan Hell der dritte Wissenschaftler am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, der in den Orden gewählt wurde. Als weiterem Göttinger Wissenschaftler wurde diese Ehre Albrecht Schöne zuteil. (kr)

Über Stefan Hell

Stefan Hell absolvierte sein Physikstudium in Heidelberg. Nach seiner Promotion 1990 forschte er ebenda als Postdoktorand am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und wechselte 1993 an die Universität von Turku (Finnland). Dort entwickelte er das Prinzip der STED-Mikroskopie. Von Turku ging er 1997 als Leiter einer Max-Planck-Nachwuchsgruppe an das Göttinger MPI für biophysikalische Chemie (seit 1.1.2022 MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften), wo er mit seinem Team die Funktionsweise des STED-Verfahrens nachwies und dieses entwickelte. 2002 wurde er dort als Direktor berufen und leitet seitdem die Abteilung NanoBiophotonik. Seit 2016 ist er auch Direktor am MPI für Medizinische Forschung in Heidelberg. Neben dem Chemie-Nobelpreis erhielt Stefan Hell eine Vielzahl weiterer Preise und Ehrungen, darunter den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (2008), den Otto-Hahn-Preis für Physik (2009), den Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft (2011), den Kavli-Preis für Nanowissenschaften (2014) und den Werner-von-Siemens-Ring (2022).

Über den Orden Pour le mérite

Friedrich der Große stiftete den Orden 1740 für besondere militärische Leistungen. 1842 führte König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen auf Empfehlung des Naturforschers Alexander von Humboldt mit dem „Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste“ eine Auszeichnung für die zivile Klasse ein. Von Humboldt wurde der erste Kanzler dieses Ordens. Seither soll die Vereinigung Geistesgrößen unterschiedlichster Disziplinen und Künste zusammenbringen. Nach dem Ende der Monarchie 1918 verbot die Verfassung der Weimarer Republik dem Staat, Orden jeglicher Art zu verleihen. 1952 nahm der damalige Bundespräsident Theodor Heuss die Tradition des Austausches wieder auf. Finanziert und betreut wird der Orden durch die Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Er steht unter dem Protektorat des Bundespräsidenten. Ehemalige Mitglieder waren unter anderen Otto von Bismarck, Charles Darwin, Albert Einstein, Käthe Kollwitz, Werner von Siemens und Giuseppe Verdi.
Dem Orden gehören derzeit 39 deutsche und 38 ausländische Mitglieder an, darunter 15 Nobelpreisträger*innen. In den Orden aufgenommen werden können nur Frauen und Männer, die sich durch weit verbreitete Anerkennung ihrer Verdienste in der Wissenschaft oder Kunst einen ausgezeichneten Namen erworben haben, so die Satzung des Ordens.

Zur Redakteursansicht