NanoBiophotonik

original
original


Feinste Details mit Licht sichtbar machen bis auf die molekulare Skala. Dieses Ziel verfolgen wir mit unseren überauflösenden Lichtmikroskopen. Standard-Lichtmikroskope stoßen an eine fundamentale Grenze, wenn zwei gleichartige Objektdetails dichter als etwa die halbe Lichtwellenlänge (> 200 Nanometer) nebeneinander liegen: Die Beugung der Lichtstrahlen lässt sie im Bild zu einem einzigen Objekt verschwimmen. Daran können auch die besten Objektive nichts ändern. Wer in molekulare Dimensionen vordringen will oder muss, kann zwar auf ein Elektronenmikroskop zurückgreifen, doch lebende Zellen oder Gewebe abbilden kann das Elektronenmikroskop nicht. Was sich im Inneren einer lebenden Zelle abspielt, lässt sich nur mit einem Lichtmikroskop ergründen, denn fokussiertes Licht ist das einzige Medium, dass Informationen aus lebenden Zellen nichtinvasiv zu gewinnen vermag.

Um der Beugung ein Schnippchen zu schlagen, sorgen wir dafür, dass benachbarte Moleküle, die im klassischen Bild verschwimmen würden, ihre Fluoreszenz zeitlich nacheinander abgeben. Dabei nutzen wir verschiedene molekulare Prozesse, um die Fluoreszenz eines Moleküls ein- oder auszuschalten. Es kann sich um elektronische Übergänge innerhalb eines Moleküls, aber auch um Umsortierungen von molekularen Atomgruppen handeln.

Die Auflösungsgrenze "ausgetrickst"

In unserer Abteilung wurde die erste (Fluoreszenz)-Lichtmikroskopie-Methode überhaupt entwickelt, die STED-Mikroskopie, deren Auflösung oder Detailschärfe nicht mehr durch die Beugung des Lichts begrenzt ist. Hierbei wird einem Strahl, der die Fluoreszenzmoleküle anregt, ein zweiter Lichtstrahl, der STED-Strahl, hinterhergesandt, der aber genau das Gegenteil macht: Er regt die Moleküle sofort ab, und hält sie so dunkel. Damit der STED-Strahl das aber nicht mit allen Molekülen macht, hat er in der Mitte ein Loch. Durch den STED-Strahl werden so Moleküle am Rand des Anregungs-Lichtflecks ausgeschaltet, wohingegen Moleküle im Zentrum ungestört leuchten können. Die Helligkeit des STED-Strahls kann so eingestellt werden, dass die Ausdehnung des Bereichs, in dem die Moleküle fluoreszieren können, beliebig verringert werden kann. Mit einem gegenüber dem klassischen Fokus typischerweise um einen Faktor 10 verengten fluoreszierenden Bereich wird die Probe abgerastert und somit ein Bild erstellt.

Die STED-Mikroskopie lässt sich mit dynamischen Methoden wie der Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie und Techniken der schnellen Lichtstrahl-Rasterung kombinieren. So können wertvolle zeitaufgelöste Informationen gesammelt und hochaufgelöste Videos von zellulären Prozessen aufgenommen werden.

An- und Ausschalten einzelner Moleküle

Das Schalten der Fluoreszenz kann auch über andere „on-off“-Mechanismen geschehen, z. B. mittels Triplettübergängen (spin-flips) und Konformationsänderungen (cis-trans-Übergänge). Diese Schaltkonzepte bilden die Grundlage einer weiteren hochauflösenden Mikroskopie-Methode, der RESOLFT-Mikroskopie. Sie ist eine Verallgemeinerung des STED-Prinzips. Darüber hinaus bilden diese Fluoreszenz-„on-off“-Mechanismen die Grundlage der GSDIM-Fluoreszenz-Mikroskopie. Im Unterschied zur STED-Raster-Mikroskopie wird bei GSDIM das gesamte Aufnahmefeld gleichzeitig beleuchtet und zwar in einer Weise, dass alle Moleküle durch das Licht ausgeschaltet werden, aber stets nur maximal ein Molekül innerhalb des Beugungsbereiches von ca. 200 Nanometern leuchtet. Dies erfolgt an einer unbekannten, zufälligen Position. Nachbarmoleküle liegen zwar auch dann dicht an dicht innerhalb des Beugungsflecks — sie sind aber inaktiv und stören die Aufnahme des einen leuchtenden Moleküls nicht. Indem man immer nur ein Molekül zum leuchten bringt, ist die Trennung benachbarter Strukturen möglich. Nimmt man die vereinzelten Beugungsflecke mit einer Kamera auf, so kann man aus jedem beugungsbegrenzten Fluoreszenzfleck die Molekülposition mit einer sehr hohen Genauigkeit durch Schwerpunktbildung bestimmen. Das Verfahren wird so lange iterativ wiederholt, bis alle Moleküle in ihrer Position einzeln erfasst sind. Aus der Überlagerung aller so registrierten Molekülpositionen ergibt sich dann ein hochaufgelöstes Abbild der Probe.

Immer tiefer in den Nanokosmos

Schon seit langem befassen wir uns mit der Entwicklung innovativer optischer Anordnungen. Im 4Pi-Mikroskop werden zwei Objektive auf einen Punkt gerichtet, sodass sich das Licht im Fokus überlagert. Dadurch gelingt eine Verkleinerung des Lichtfokus um das drei- bis siebenfache entlang der Längsachse des Mikroskops. Kombiniert man die 4Pi-Mikroskopie mit der STED-Mikroskopie, so lassen sich Objekte in allen Raumrichtungen auseinander halten, die kaum 30 Nanometer voneinander entfernt sind — bis vor wenigen Jahren noch unvorstellbar. Und prinzipiell geht es noch schärfer bis in den Größenbereich des Moleküls selbst. Solche scharfsichtigen Mikroskope versprechen völlig neue Einsichten in die inneren Angelegenheiten lebender Zellen.


Pressemitteilungen & Nachrichten aus der Forschung

Mit MINSTED-Methode Molekül-Bewegungen nanometergenau verfolgen

Forschenden um Stefan Hell vom Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften und dem Heidelberger MPI für medizinische Forschung ist es mithilfe der MINSTED-Mikroskopie gelungen, die Bewegungen des Motorproteins Kinesin mit raum-zeitlicher Präzision im Nanometer-pro-Millisekunden-Bereich sichtbar zu machen. Damit hat das Team um Hell die MINSTED-Methode auf das hochauflösende Tracking von Molekülbewegungen ausgeweitet. mehr

Werner-von-Siemens-Ring 2022 für Stefan Hell

Stefan Hell erhielt die Auszeichnung zusammen mit den BioNTech-Köpfen Uğur Şahin, Özlem Türeci, Christoph Huber und Katalin Karikó am 13. Dezember. Dem Physiker sei es gelungen, mit der neuartigen Superauflösungsmikroskopie lebende Zellen auf molekularer Ebene zu beobachten, begründete die Stiftung ihre Entscheidung für die Verleihung des Preises an Hell.  mehr

Mehr anzeigen


MaxPlanckForschung SPEZIAL 09
Tricksereien an der optischen Grenze 
Wer an unumstößlichen Gesetzen rüttelt, hat es nicht leicht. Das musste Stefan Hell erfahren, als er die Auflösungsgrenze optischer Mikroskope umgehen wollte. Anfangs fanden seine Ideen kaum Akzeptanz – heute ist Hell Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie und seit 2014 Nobelpreisträger. mehr
Zur Redakteursansicht