Möglicher Biomarker für Parkinson mithilfe neuer MRT-Methode entdeckt
Bestimmte Stoffwechselprodukte eignen sich als Anhaltspunkt für eine Parkinson-Erkrankung. Forschende des Max-Planck-Instituts (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften, der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) haben dies nun in einem ersten Schritt genutzt, um ein neues diagnostischen Verfahren auf den Weg zu bringen. Die Voraussetzung für die Entdeckung ist eine von Max-Planck-Forscher Stefan Glöggler entwickelte Methode, die Stoffwechselmoleküle in der Magnetresonanztomografie (MRT) durch Signalverstärkung gezielt sichtbar macht.
Die Symptome reichen von Zittern über Gleichgewichtsstörungen bis hin zu geistigen Beeinträchtigungen und sogar Demenz: Von Parkinson sind über 400.000 Menschen allein in Deutschland betroffen. Eine neu entwickelte Methode von Stefan Glöggler, Forscher am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften und am Center for Biostructural Imaging der UMG, lässt darauf hoffen, eine Parkinson-Erkrankung anhand von Stoffwechselprodukten frühzeitig zu erkennen.
Das vom Forschungsgruppenleiter erarbeitete Verfahren erlaubt es, einzelne Stoffwechselmoleküle und deren biochemische Umwandlung mittels MRT in Echtzeit zu verfolgen. Sind Stoffwechselvorgänge verändert, kann dies auf Krankheiten hindeuten. „Unsere Technik soll künftig dabei helfen, derartige Krankheiten früher festzustellen und zielgerichteter zu therapieren“, erläutert der Nachwuchswissenschaftler. „Dabei verändern wir Stoffwechselmoleküle mithilfe einer speziellen Form von Wasserstoff so, dass sich ihr Signal im MRT um mehr als das 10.000-fache erhöht. Diese Signalverstärkung ist nötig, um die Moleküle gezielt beobachten zu können.“
Wie Milchsäure auf Parkinson hinweist
In ihrer jüngst veröffentlichten Studie im Fachmagazin Chemistry Methods konzentrieren sich die Forschenden um Glöggler auf das körpereigene Stoffwechselmolekül Pyruvat. Pyruvat spielt eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel lebender Zellen und wird zu Milchsäure abgebaut. In klinischen MRT-Studien verwenden es Wissenschaftler*innen bereits als Biomarker – das heißt als biologischen Anhaltspunkt – für Krebserkrankungen. Das Forschungsteam zeigte nun, dass Pyruvat auch als Marker für Parkinson dienen könnte.
„Bei der Parkinson-Erkrankung ist das Protein Alpha-Synuclein krankhaft verändert. Im Gehirn Betroffener wird es vermehrt gebildet, die Proteinbausteine verketten sich, verklumpen und korrelieren mit der funktionellen Beeinträchtigung von Nervenzellen“, erklärt André Fischer, der am DZNE und an der UMG forscht. Sein UMG-Kollege Felipe Opazo fügt hinzu: „Wir haben nun in einem Parkinson-Zellmodell nachgewiesen, dass Zellen, die viel Alpha-Synuclein enthalten, Pyruvat doppelt so schnell in Milchsäure umwandeln wie Zellen, denen das Protein fehlt. Wir erhoffen uns, dass man Parkinson künftig anhand dieser beobachtbaren Unterschiede im Stoffwechsel frühzeitig mittels MRT erkennen kann.“
Wie die Struktur von Proteinen den Stoffwechsel beeinflusst
Dank Glögglers Methode ist den Göttinger Wissenschaftler*innen zudem ein weiterer Durchbruch gelungen, wie Christian Griesinger vom MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften berichtet: „Zum ersten Mal konnten wir in lebenden Zellen im selben Experiment gleichzeitig Echtzeit-Stoffwechselanalysen durchführen und Proteinstrukturen überprüfen. Anhand einer einzelnen Zellprobe lässt sich so herausfinden, ob Stoffwechselstörungen vorliegen und direkt prüfen, ob Veränderungen in der Struktur eines bestimmten Proteins – im Fall einer Parkinson-Erkrankung Alpha-Synuklein – damit einhergehen.“ Das Zusammenspiel zwischen Veränderungen in Proteinstrukturen und einem veränderten Stoffwechsel ist komplex. „Wenn es uns gelingt, den Einfluss des einen auf das andere zu entschlüsseln, könnte dies zu neuen Erkenntnissen über Krankheiten führen und könnte innovative Therapieansätze ermöglichen“, meint Tiago Outeiro von der UMG.
Glöggler sieht weitere Vorteile seines Verfahrens darin, dass es sich vergleichsweise einfach einsetzen lässt. „Die Technik ist sehr schnell und kann sogar mit kleinen, tragbaren MRT-Geräten kombiniert werden“, fasst der Wissenschaftler zusammen. In folgenden Experimenten wollen die Göttinger Forschenden prüfen, ob ihre Erkenntnisse über das Zellmodell hinaus auch für komplexe Organismen gelten. „Damit kämen wir unserem Ziel, unsere Methode in der Humanmedizin anzuwenden, einen großen Schritt näher.“ (sg/kf)