Faszinierende Einblicke in den „Maschinenraum“ der Proteinfabrik
Wer treibt bei komplexen Arbeitsabläufen eigentlich wen an? Diese Frage stellt sich auch in den Proteinfabriken der Zelle – den Ribosomen. Computersimulationen eines Forscherteams aus Göttingen, Jülich und Düsseldorf haben erstmals mit atomarer Genauigkeit gezeigt, welche Mechanismen und Kräfte im Ribosom am Werk sind. Ihre Experimente machten das „Hebel- und Räderwerk“ sichtbar, das die Bewegungen des Ribosoms kontrolliert und koordiniert.
(Nature Structural & Molecular Biology, 3. November 2013)
Ribosomen sind molekulare Hochleistungsmaschinen. Sie fertigen nach den in der DNA codierten Bauplänen Proteine – die universellen Werkzeuge aller Zellen. Proteine empfangen und übermitteln Signale, transportieren zelluläre Fracht oder sorgen für Wachstum und Bewegung. Für die Proteinproduktion muss zunächst eine Arbeitskopie der DNA erzeugt werden – die sogenannte Boten-RNA. Wie ein Fließband wird die Boten-RNA durch das Ribosom hindurchgeschleust. Dabei wird es in Schritten von jeweils drei Nukleinsäurebasen abgetastet. Die Tripletts werden wiederum von den passenden Aminosäure-Transportern, sogenannten Transfer-RNAs oder kurz tRNAs, abgelesen, die eine bestimmte Aminosäure binden. Die Aminosäuren werden nacheinander zu einer Kette zusammengesetzt und ergeben schließlich ein neues Proteinmolekül.

Transfer-RNA (tRNA)-Moleküle am Ende ihrer Wanderung durch das Ribosom (oranges Bändermodell). Die grüne tRNA befindet sich bereits am Ausgang des Ribosoms, die blaue tRNA sitzt in der mittleren Position, an der es seine Aminosäure abgibt. In der Arbeit wurden insgesamt 25 solcher Strukturen mit atomarer Genauigkeit bestimmt und anschließend mithilfe von Molekulardynamiksimulationen zu einem kompletten Bewegungsablauf zusammengesetzt.
Wissenschaftlern vom Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie war es vor Kurzem gelungen, hoch aufgelöste Momentaufnahmen dieses Prozesses mit einem Elektronenmikroskop aufzunehmen. Ihre 50 Strukturen des Ribosoms in verschiedenen Zuständen der Proteinsynthese zeigen, welchen Weg die tRNAs während der Proteinproduktion durch das Ribosom nehmen und wo sie andocken. Ein Forscherteam aus Göttingen, Jülich und Düsseldorf hat mit Computersimulationen die einzelnen Schnappschüsse jetzt in eine zeitliche Reihenfolge gebracht und untersucht, wie sich die tRNA-Moleküle auf ihrem Weg durch das Ribosom bewegen und welche molekularen Kräfte dabei wirken.
Transfer-RNA (tRNA)-Moleküle am Ende ihrer Wanderung durch das Ribosom (oranges Bändermodell). Die grüne tRNA befindet sich bereits am Ausgang des Ribosoms, die blaue tRNA sitzt in der mittleren Position, an der es seine Aminosäure abgibt. In der Arbeit wurden insgesamt 25 solcher Strukturen mit atomarer Genauigkeit bestimmt und anschließend mithilfe von Molekulardynamiksimulationen zu einem kompletten Bewegungsablauf zusammengesetzt.
Quelle: Forschungszentrum Jülich