Fein ausgebildet
Eine Ausbildung zur / zum Feinwerkmechaniker*in an einem wissenschaftlichen Institut? Am MPI-NAT ist dies neben acht weiteren Ausbildungsberufen in den Werkstätten, der Tierhaltung und in der Verwaltung möglich. In der Artikelserie ‚Ausbildung am MPI-NAT‘ verraten wir Ihnen, was die Lehre in den unterschiedlichen Bereichen bei uns besonders macht.
Nur noch der entscheidende Test, dann haben es Christoph Haenelt und seine Kollegen geschafft. Funktioniert der Stirlingmotor, der die Wärmeenergie in mechanische Energie umwandelt? Zwei Monate planen, fertigen und montieren liegen hinter dem Azubi-Team. Vom technischen Zeichnen über Drehen, Fräsen und Bohren bis zum Zusammensetzen vieler Einzelteile – all diese Arbeitsschritte bearbeiteten die angehenden Feinwerkmechaniker eigenständig.
Vielseitig und komplex
Haenelt ist einer von 26 Mitarbeitenden in der Feinmechanik am MPI-NAT. Sie unterteilt sich in die Feinmechanik-Werkstatt und die Schlosserei. Die 23 Beschäftigten in der Feinmechanik-Werkstatt stellen individuelle, mechanische Bauteile aus unterschiedlichsten Materialien wie Kunststoff oder Metall her. „Dies kann ein eigenes Bauteil, wie zum Beispiel ein Linsenhalter für einen Lasertischaufbau oder eine komplexe Baugruppe, wie beispielsweise ein Anbau von Apparaturen an eine Hochvakuumanlage sein“, erklärt Mario Lengauer, Leiter der Feinmechanik. Er und sein Team bauen Aquarien, verändern Mikroskope und fertigen Elektrophorese-Apparaturen, um nur ein paar ihrer Aufgaben zu nennen. Selten gleicht ein Tag dem anderen. „Es ist eine sehr abwechslungsreiche Arbeit, denn mit jeder neuen Abteilung oder Forschungsgruppe ändern sich die Anforderungen“, berichtet der stellvertretende Leiter und Ausbilder Christian Klaba. „Durch Messebesuche und Fortbildungen halten wir uns und unseren Maschinenpark stets auf dem neuesten Stand.“
Von der Pike auf
Technisches Verständnis, handwerkliches Geschick und gute schulische Kenntnisse in Mathe und Physik: Das sind einige der Voraussetzungen für einen Ausbildungsplatz als Feinwerkmechaniker*in mit Schwerpunkt Feinmechanik am MPI-NAT. All das brachte Haenelt mit, als er die Stellenausschreibung vor zwei Jahren durch Zufall entdeckte: „Bei Max Planck dachte ich nur an Wissenschaft. Dass es hier auch handwerkliche Berufe gibt, wusste ich nicht.“ So geht es vielen.
Auch Klaba und sein Ausbilder-Kollege Bernd Henkner lernten bereits vor über 20 beziehungsweise 40 Jahren an unserem Institut. Heute möchten sie ihr Wissen an die nächsten Generationen weitergeben. Dabei engagiert sich Henkner auch über das Institut hinaus. Als ehrenamtlicher Prüfungsausschussvorsitzender der Feinmechaniker Innung Göttingen prüft er alle Auszubildenden in Südniedersachsen.
Haenelt überzeugte im Vorstellungsgespräch vor allem die Zweiteilung der Ausbildung – eine Besonderheit, die es in anderen Betrieben nicht gibt. Das erste und zweite Lehrjahr verbringen die zukünftigen Gesellen mit Henkner in einer separaten Ausbildungswerkstatt. „Dort vermittele ich ihnen alle Grundkenntnisse der Metallbearbeitung und das Bedienen von Dreh-, Fräs- und computergesteuerten Werkzeugmaschinen.“ Im Abschlussprojekt, dem Bau des Stirlingmotors, wenden die Lehrlinge dann all ihr bisheriges Können eigenständig an. Klaba integriert die Auszubildenden im dritten und vierten Lehrjahr in die regulären Abläufe am Institut. Sie lernen die großen Maschinen kennen und führen angeleitet Aufträge aus. Mit dem Rüstzeug in der Tasche startet Haenelt mit einem sicheren Gefühl in die zweite Hälfte seiner Lehre: „Ich weiß, wie ich an die Produktion eines Bauteils herangehen muss und freue mich darauf, die Forschenden mit meiner Arbeit zu unterstützen.“
Breit aufgestellt
Doch ist das Ausbildungskonzept der einzige Unterschied zu einer Feinmechanik-Lehre in einem Industriebetrieb? Lengauer weiß, dass Mitarbeitende in der freien Wirtschaft ab Tag eins an den Maschinen stehen, um große Stückzahlen zu produzieren und Gewinne einzufahren. Am MPI-NAT ist es anders: „Wir fertigen Einzelteile, dadurch wächst unser Wissen stetig. Zusätzlich müssen wir keine Einnahmen generieren – das gibt uns mehr Freiheiten.“ Das bestätigt auch Klaba: „In der Industrie ist man für einen Teil des großen Ganzen zuständig, bei uns lernen die Auszubildenden, ein Projekt von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt umzusetzen.“
Einen weiteren Vorteil bieten die unterschiedlichen Ausbildungsberufe am Institut. So tauschen die Feinmechanik-Azubis und die angehenden Elektroniker*innen für Geräte und Systeme kurzzeitig ihren Arbeitsplatz. „Wer Geräte baut, sollte auch einen Einblick in die dazugehörige Elektronik bekommen und andersherum“, erläutert Henkner.
Über den Motor gebeugt warten alle gespannt auf das erlösende Brummen: Er läuft! „Es ist schön, wenn die Einzelteile, die wir gebaut haben, am Ende zusammen funktionieren“, sagt Haenelt. Noch bis zu eineinhalb Lehrjahre liegen vor ihm. Wie es danach weitergeht? Ob Meister, Techniker, Maschinenbaustudium, Betriebswirt des Handwerks oder doch ein Job in einem Betrieb – dank der breitgefächerten Ausbildung am MPI-NAT stehen ihm viele Türen offen. (jp)