Helmut Grubmüller in die Leopoldina aufgenommen
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat den Direktor am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften in Göttingen als neues Mitglied berufen. Sie würdigt damit Helmut Grubmüllers herausragende wissenschaftliche Leistungen und besondere Expertise auf seinem Fachgebiet.
Der Biophysiker erforscht mit seinem Team, wie Proteine und Proteinkomplexe ihre Aufgaben erfüllen und was passiert, falls diese nicht mehr richtig funktionieren oder sich falsch zusammenlagern. Als „Nanomaschinen“ der Zelle verrichten und steuern Proteine praktisch alle Prozesse in den Zellen unseres Körpers. Sie transportieren zelluläre Fracht, stellen alle benötigten Moleküle her, regulieren unseren Stoffwechsel oder leiten Signale weiter. Auch übernehmen sie zentrale Aufgaben von der Energieerzeugung bis hin zur Vervielfältigung unseres Erbguts.
Dafür sind die internen Bewegungen von Proteinen äußerst fein abgestimmt; in vielen Fällen kommt es auf die Bewegung einzelner Atome im Protein an. Entsprechend hat eine Reihe von Erbkrankheiten ihre Ursache darin, dass einem bestimmten Protein an entscheidender Stelle Atome fehlen, manchmal sogar nur ein einziges.
Während der genaue strukturelle Aufbau von Proteinen in vielen Fällen mit atomarer Auflösung vermessen werden kann, sind die oft sehr schnellen Bewegungen eines Proteins auf atomarer Ebene experimentell äußerst schwer zugänglich. Um diese Lücke zu schließen und diese Bewegungen sichtbar zu machen, setzen Grubmüller und sein Team Computersimulationen ein. Mithilfe moderner Höchstleistungscomputer und numerischer Verfahren gelang es ihnen in enger Zusammenarbeit mit experimentellen Gruppen bereits, entscheidende Erkenntnisse zur Funktionsweise verschiedenster Proteine und Nanomaschinen beizutragen, darunter die sogenannte F-ATP-Synthase, der „kleinsten Motor“ der Welt, Ribosomen, die „Proteinfabriken“ der Zelle, die Wirkmechanismen von Antibiotika und die Signalübertragen zwischen Nervenzellen. (cr)
Über den Preisträger
Helmut Grubmüller (Jahrgang 1965) studierte an der Technischen Universität München Physik und promovierte dort im selben Fach 1994. Im Anschluss forschte er an der Ludwig-Maximilians-Universität München und an der ETH Zürich (Schweiz). 1998 ernannte ihn das MPI für biophysikalische Chemie (heute: MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften) zum Leiter der Nachwuchsgruppe „Theoretische molekulare Biophysik“ in Göttingen. Nach seiner Habilitation 2002 in Physik an der Universität Göttingen wurde er 2003 als Direktor an das heutige MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften berufen und leitet dort seitdem die Abteilung Theoretische und Computergestützte Biophysik. Grubmüller ist zudem Honorarprofessor für Physik an der Universität Göttingen und hat eine Frankfurter Rolf-Sammet-Gastprofessur inne.
Über die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Seit ihrer Gründung im Jahr 1652 hat die Akademie mehr als 7.000 Persönlichkeiten in ihre Reihen aufgenommen, darunter Marie Curie, Charles Darwin, Albert Einstein, Johann Wolfgang von Goethe, Alexander von Humboldt, Justus von Liebig und Max Planck. Pro Jahr werden etwa 50 Wissenschaftler*innen in einem mehrstufigen Auswahlverfahren auf Lebenszeit neu in die Leopoldina gewählt. Derzeit zählt sie rund 1600 Mitglieder. 2008 wurde die Leopoldina zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. In dieser Funktion berät sie Politik und Öffentlichkeit und gibt Empfehlungen zu gesellschaftlich relevanten Themen.