Eine kleine Arche Noah

BioDiversum am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie eingeweiht

20. Oktober 2021

Drei Jahre sind vergangen, seit eine spontane Idee den Anstoß für das Biotop-Projekt BioDiversum gab. Mit ihm will das Göttinger Max-Planck-Institut (MPI) für biophysikalische Chemie bedrohten Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten. Am 18. Oktober wurde das BioDiversum endlich eingeweiht. Ehrengast war der bekannte Ornithologe und Naturschützer Peter Berthold, der auch im hohen Alter nicht müde wird, für seine Herzensangelegenheit zu werben: ein Naturschutz-Konzept, das auch in unserer intensiv genutzten und zersiedelten Landschaft funktioniert.

An diesem kühlen, goldenen Oktobermorgen haben sich Projekt-Beteiligte und Ehrengäste am neu angelegten Teich versammelt, dem Herzstück des BioDiversums. Sie sind gekommen, um der lang ersehnten Einweihung beizuwohnen. Schnell entwickeln sich Gespräche über das eine Thema, das allen Anwesenden am Herzen liegt: den Naturschutz und was jeder Einzelne dafür tun kann.

„Mit dem BioDiversum wollen wir ein kleines Stückchen ‚heile Welt‘ in Südniedersachsen ansiedeln,“ erklärt Projekt-Initiator Herbert Jäckle, Emeritus-Direktor am MPI für biophysikalische Chemie bei seiner Ansprache. Marina Rodnina, Geschäftsführende Direktorin des Instituts, ergänzt: „Wir möchten dazu beitragen, eine fantastische Idee von Peter Berthold umzusetzen: Jeder Gemeinde ihr Biotop.“

Das Artensterben bedroht unser Überleben

Der emeritierte Max-Planck-Direktor propagiert seit Jahren leidenschaftlich ein derartiges, deutschlandweites Netzwerk aus kleineren Biotopen. Rund 2500 müssten es nach seiner Schätzung sein, damit sich Arten von einem Standort zum nächsten ausbreiten können. Er ist überzeugt, dass sich so die Artenvielfalt in wenigen Jahrzehnten wieder auf den Stand von 1950 anheben ließe.

„Ohne Artenvielfalt in der Feldflur haben wir als Menschen auf Dauer keine Überlebenschance“, betont Berthold in seinem Grußwort, während die Sonne langsam über die herbstlich bunten Baumkronen steigt und Wald und Teich leuchten lässt. „Wir müssen jetzt die Reste unserer Natur auf kleinsten Flächen konservieren. Aus diesen Arche Noahs kann sich dereinst wieder eine vielfältige Natur entwickeln.“

Dass dieser Plan funktionieren kann, hat Berthold bereits gezeigt: Der von ihm seit 2004 gemeinsam mit der Heinz Sielmann Stiftung geschaffene Biotop-Verbund Bodensee übertraf alle Erwartungen. Die Brutbestände zahlreicher gefährdeter Vogelarten erholten sich innerhalb weniger Jahre, selbst stark beeinträchtigte Flächen entwickelten sich zu artenreichen Lebensräumen.  

Vielfältiges Habitat-Mosaik

2019 entwickelte das Institut mit Berthold erste Ideen, um das Institutsgelände ökologisch umzugestalten. Entstanden sei ein vielfältiges Habitat-Mosaik, sagt der verantwortliche Landschaftsplaner Ulrich Küneke vom Göttinger Büro Wette+Küneke:  

„Neben dem Teich als zentraler Maßnahme haben wir mehr als 1,5 Hektar blütenreiche Wiesen angelegt. Wir haben Gehölzhecken verbreitert, eine große Vogelfutterstelle eingerichtet, 100 Nistkästen aufgehängt, Fassaden begrünt, einen Trockenstandort mit Wildstauden und Blühsträuchern eingerichtet.“ Als letzte Maßnahmen in diesem Jahr werden Strauchpflanzungen am Teich und eine Streuobstwiese folgen. Doch damit ist das Projekt nicht beendet. In naher Zukunft will das Institut gebäudenahe Flächen ökologisch aufwerten und bei Neubauten den Aspekt Biodiversität einbeziehen.

Den Großteil der Baumaßnahmen für das BioDiversum finanziert die Max-Planck-Gesellschaft. Hinzu kommen großzügige Spenden der AKB Stiftung und der Sparkasse Göttingen.

Mit Biotopen das Artensterben aufhalten | BioDiversum

https://www.youtube.com/watch?v=8s9J4iBv7Ew

Herausfinden, wie sich das ökologische System verändert

Das MPI für biophysikalische Chemie werde das BioDiversum darüber hinaus wissenschaftlich begleiten, wie Jäckle hervorhebt. „Wir wollen herausfinden: Welche neuen Bewohner können wir anlocken und langfristig hier ansiedeln?“ Kindergärten und Schulen sollen durch Projekte eingebunden und auch die Göttinger Bevölkerung erreicht und für den Umweltschutz sensibilisiert werden.

Wichtig ist dem Institut auch die Vernetzung mit ähnlichen Projekten in der Region, von denen es einige gibt. „Man sieht also: Ein Beispiel macht Schule“, so Jäckle. Wissen solle ausgetauscht und weitergetragen werden. Dies funktioniere auch am Institut sehr gut und habe zu einem neuen „Wir-Gefühl“ geführt. Viele Instituts-Angehörige engagieren sich in Arbeitsgruppen und tragen so zur Pflege und Entwicklung „ihres“ Biotop-Projekts bei. (Frederik Köpper)

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