Reinhard Jahn erhält Rolf-Sammet-Gastprofessur
Reinhard Jahn erforscht mit seinem Team, wie Nervenzellen miteinander kommunizieren. Um „Nachrichten“ mit anderen Nerven- oder Muskelzellen auszutauschen, werden Signale über spezielle Botenstoffe verschickt. Portionsweise verpackt liegen diese in kleinen Membranbläschen – synaptischen Vesikeln – im Inneren der Nervenzelle bereit. Wenn elektrische Signale anzeigen, dass eine Nachricht übermittelt werden soll, verschmelzen einige synaptische Vesikel der sendenden Zelle mit der Zellmembran und entleeren ihre Botenstoffe nach außen. Die empfangende Zelle nimmt das Signal auf und reagiert nach „Anweisung“, die je nach Botenstoff ganz unterschiedlich ausfällt.
Die Funktionsweise der synaptischen Vesikel auf molekularer Ebene zu verstehen, war eine aufwendige Arbeit“, berichtet Jahn. Dem Preisträger gelang es mit seinem Team, viele derjenigen Proteine zu identifizieren, die wesentliche Aufgaben synaptischer Vesikel übernehmen.
Eine wichtige Aufgabe der Vesikel ist es, schnell mit der Plasmamembran zu verschmelzen, wenn ein elektrisches Signal eintrifft. Wie der Preisträger mit seinem Team herausfand, spielen dabei sogenannte SNARE-Proteine eine wichtige Rolle. Die Struktur und Funktion der molekularen Maschinerie, die das Verschmelzen der Membranen bewerkstelligt, hat Jahn im Detail charakterisiert. Seine Arbeiten sind nicht nur für die neurobiologische Forschung, sondern für die gesamte Zellbiologie von großer Bedeutung.
Nach Fritz Peter Schäfer (1989), Chemie-Nobelpreisträger Manfred Eigen (1998) und Helmut Grubmüller (2013) ist Jahn der vierte Wissenschaftler des MPI für biophysikalische Chemie, der mit der Rolf-Sammet-Gastprofessur ausgezeichnet wird.
Die Rolf-Sammet-Gastprofessur zählt zu den ältesten und renommiertesten Gastprofessuren an der Goethe-Universität. Im Rahmen der Stiftungsprofessur wird jährlich ein international renommierter Wissenschaftler auf dem Gebiet der Chemie, Biochemie oder Medizin nach Frankfurt eingeladen, um seine Forschung in einem einwöchigen Vortragszyklus vorzustellen. In fünf Vorträgen wird Jahn in diesem Jahr auf das Thema „Spotlight on molecular machines functioning in synaptic transmission“ eingehen. (cr)
Über Reinhard Jahn
Reinhard Jahn studierte Biologie und Chemie und wurde 1981 an der Universität Göttingen promoviert. Von 1983 bis 1986 forschte er an der Rockefeller University (New York, USA) und wurde von dort als Nachwuchsgruppenleiter an das MPI für Psychiatrie (heute: MPI für Neurobiologie) berufen. 1991 ernannte ihn die Yale University (New Haven, USA) zum Professor. Seit 1997 war er Direktor am MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen und Leiter der Abteilung Neurobiologie. Nach seiner Emeritierung 2018 führt er seine Forschung mit der Emeritusgruppe Labor für Neurobiologie am Institut fort. Reinhard Jahn ist zugleich Honorarprofessor an der Universität Göttingen und war Initiator und Sprecher der Göttinger Graduiertenschule für Neurowissenschaften, Biophysik und Molekulare Biowissenschaften. Er wurde für seine Verdienste vielfach ausgezeichnet, darunter mit dem Max-Planck-Forschungspreis, dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis, dem Ernst Jung-Preis für Medizin, dem Sir Bernhard Katz Award, dem Heinrich-Wieland-Preis und dem Balzan-Preis.