U. Benjamin Kaupp forscht als Emeritus-Direktor am Institut
Der Chemiker und Biophysiker wird am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften seine Forschung mit einer Emeritusgruppe fortsetzen. Mit seinem Team untersucht Kaupp, wie lebende Zellen Signale verarbeiten. Die Forschenden wollen verstehen, wie Zellen Reize wahrnehmen und physiologisch darauf reagieren.
Nasses Laub, Pilze und Holz – der herbstliche Wald hat seine ganz eigenen Gerüche. Dazu kommt das Farbenspiel aus gelben, orangen und roten Blättern, die einen Herbstspaziergang so besonders machen. Doch wie gelangen diese Düfte und Bilder in unseren Kopf? Um Antworten auf diese Frage zu finden, erforscht die Emeritusgruppe Biophysik der zellulären Signalwandlung, wie Sinneszellen auf molekularer Ebene Reize wahrnehmen und verarbeiten.
Wie Sinneszellen Reize verarbeiten
„Sowohl Sehzellen in der Netzhaut unserer Augen als auch Riechzellen in der Nase wandeln Reize wie Lichtquanten oder Duftstoffe in elektrische Signale um“, erklärt Kaupp. „Wir wollen verstehen, wie die Zellen das anstellen.“ Dazu untersucht er mit seiner Gruppe die Struktur und Funktion von Signal-Proteinen, die dabei helfen, Reize aus der Umgebung zu empfangen und im Zellinneren zu verarbeiten. Am Anfang der Signalkette stehen Rezeptoren wie das Sehpigment Rhodopsin und Chemorezeptoren. Rhodopsin wandelt durch eine photochemische Reaktion Licht in ein biochemisches Signal um und ermöglicht so das Sehen. Chemorezeptoren sind darauf spezialisiert, chemische Stoffe in Luft und Flüssigkeiten wahrzunehmen und damit unabdingbar für unseren Geruchs- und Geschmackssinn. Eine wichtige Methode für diese Untersuchungen sind schnelle Elektronenspinresonanz- und Fluoreszenztechniken, mit denen sich in hoher Auflösung beobachten lässt, wie Signal-Proteine ihre Struktur verändern und so ihre Funktion steuern.
Wie Spermien ans Ziel kommen
In einem weiteren Forschungsprojekt untersucht Kaupp, mit welchem „Sinnesorgan“ Spermien Lockstoffe und andere Reize wie etwa Temperatur wahrnehmen, die sie zur Eizelle führen. Dafür möchte der Wissenschaftler das Proteininventar verschiedener zellulärer Signalwege in menschlichen Spermien unter anderem mithilfe der Massenspektrometrie quantitativ aufschlüsseln.
Der Wissenschaftler freut sich darauf, in beiden Forschungsgebieten eng mit Institutskolleg*innen zu kooperieren. (kr)
Benjamin Kaupp
studierte Chemie an den Universitäten Tübingen und Berlin. Er promovierte 1979 am Max-Volmer-Institut der Technischen Universität Berlin und habilitierte sich 1983 in Biophysik an der Universität Osnabrück. Nach Aufenthalten in den USA und in Japan war Kaupp von 1988 bis 2007 Direktor am Institut für Neurowissenschaften und Biophysik des Forschungszentrums Jülich. Kaupp ist Emeritiertes Wissenschaftliches Mitglied des MPI für Neurobiologie des Verhaltens – caesar (bis 2022: Forschungszentrums caesar) und war von 2008 bis 2015 auch dessen Geschäftsführender Direktor. Zudem ist er seit 1988 Professor für Biophysikalische Chemie an der Universität zu Köln und seit 2008 Professor für Molekulare Neurobiologie an der Universität Bonn. Der Forscher ist Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.