Hauke Hillen erhält Forschungspreis 2022 der Peter und Traudl Engelhorn Stiftung

19. Mai 2022

Der Forschungsgruppenleiter habe mit herausragenden Arbeiten dazu beigetragen, die Mechanismen der RNA-Polymerasen, den molekularen „Kopiermaschinen“, aus Viren und Mitochondrien aufzuklären sowie deren therapeutisches Potenzial zu untersuchen, begründete die Stiftung ihre Entscheidung. Der mit 10.000 Euro dotierte Peter und Traudl Engelhorn-Forschungspreis wurde am 3. April in München verliehen.

„Dieser Preis ist eine große Ehre und motiviert mich, weiter an der Entschlüsselung der viralen und mitochondrialen Genexpression zu arbeiten“, sagt Hillen, der als Juniorprofessor am Institut für Zellbiochemie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Gruppenleiter am Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften forscht. „Ein genaues molekulares Verständnis dieser Prozesse kann dabei helfen, neue Behandlungsansätze beispielsweise gegen Erbkrankheiten, Krebserkrankungen oder Virusinfektionen zu entwickeln.“ 

Gene bestimmen die Eigenschaften und Funktionen aller Organismen. Um sie zu aktivieren, muss die im Erbgut gespeicherte Information abgelesen und umgeschrieben werden. Dieser Prozess, Transkription genannt, wird von speziellen Proteinen ausgeführt, den RNA-Polymerasen. Für das menschliche Erbgut im Zellkern ist dieser Vorgang mittlerweile verhältnismäßig gut erforscht. 

Doch das Genom im Zellkern ist nicht das einzige genetische Material in menschlichen Zellen. Mitochondrien, die Kraftwerke der Zellen, besitzen ebenfalls ein Genom, das umgeschrieben werden muss. Viren wiederum schleusen bei einer Infektion ihr eigenes Erbgut in Zellen ein, das bei ihrer Vermehrung – ähnlich wie das mitochondriale Erbgut – außerhalb des Zellkerns kopiert und aktiviert wird. Obwohl diese Prozesse der Transkription im Zellkern ähneln, unterscheiden sich die viralen und mitochondrialen RNA-Polymerasen grundlegend von ihrem Pendant im Zellkern. Wie sie funktionieren, ist bis heute nicht genau geklärt.

Neuartige Wirkstoffe hemmen Kopiermaschine

Um diese molekularen Kopiermaschinen zu untersuchen, setzt der Gruppenleiter auf hochmoderne Methoden der Strukturbiologie wie beispielsweise die Kryo-Elektronenmikroskopie, mit denen sich die dreidimensionale Struktur von Proteinen mit atomarer Auflösung sichtbar machen lässt. Auf diese Weise untersucht Hillen die grundlegende Funktion der RNA-Polymerasen und wie diese durch neuartige Wirkstoffe mit therapeutischem Potenzial gehemmt werden können.

So konnte er gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen kürzlich zeigen, wie eine neuartige Wirkstoffklasse an die mitochondriale RNA-Polymerase bindet und in ihrer Arbeit blockiert. Im Mausmodell ließ sich so das Wachstum von Krebszellen stoppen. Diese Einblicke könnten dabei helfen, die Effizienz dieser Wirkstoffe weiter zu steigern, sodass sie zukünftig in der Krebstherapie nutzbar sind. Zudem gelang es Hillen gemeinsam mit Kolleg*innen, die Funktionsweise der RNA-Polymerase des neuartigen SARS-CoV-2-Virus aufzuklären und zu zeigen, wie Medikamenten, darunter beispielsweise Remdesivir, diese hemmen. (umg/cr)

(gemeinsame Pressemitteilung mit der Universitätsmedizin Göttingen)

Über den Preisträger

Hauke Hillen studierte von 2007 bis 2013 Biochemie an der Universität Tübingen einschließlich eines Forschungsaufenthalts an der University of California in Berkeley (USA). 2017 wurde er an der Ludwigs-Maximilians-Universität München promoviert. Im Anschluss war er von 2018 bis 2020 Projektleiter in der Abteilung Molekularbiologie von Patrick Cramer am ehemaligen MPI für biophysikalische Chemie. Seit Oktober 2020 ist Hillen Juniorprofessor und leitet eine selbstständige Forschungsgruppe im Institut für Zellbiochemie an der UMG sowie am MPI für Multidisziplinare Naturwissenschaften, mit der er seine Forschung zu den Mechanismen der Genaktivierung in Mitochondrien und Viren fortsetzt.

Über die Peter und Traudl Engelhorn Stiftung

Die Stiftung vergibt seit 18 Jahren alle zwei Jahre einen Forschungspreis an herausragende Nachwuchswissenschaftler*innen auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften (Biochemie, Molekularbiologie, Genetik, Proteomics, Zellbiologie, Mikrobiologie, Biophysik, Systembiologie und Biotechnologie). Sie wurde in Erinnerung an Peter Engelhorn, Gesellschafter des Pharma-Unternehmens Boehringer Mannheim (heute Roche Diagnostics), gegründet. 

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