FLASH 2 findet großen Anklang in der Forschung


Neues MRT-Verfahren bietet immense Vorteile in der Kinderradiologie

Untersuchungssituation einer Echtzeit-Kopfuntersuchung eines Säuglings in der Kinderradiologie Leipzig durch Oberarzt Daniel Gräfe und Prof. Hirsch. Das Kind wird von der Mutter im MRT vorsichtig gehalten. Die ganze Untersuchung dauert nur wenige Sekunden (Foto mit Zustimmung der Mutter, Fotograf: Stefan Straube/Universitätsklinikum Leipzig).

Im Institut für Kinderradiologie am Universitätsklinikum Leipzig wird ein revolutionäres neues Verfahren der Magnetresonanztomografie (MRT) namens FLASH 2 eingesetzt, das immense Vorteile für die radiologische Untersuchung von Kindern bietet. Mit FLASH 2, das am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie (heute Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften) entwickelt wurde, wird die MRT-Bildgebung noch schneller und effizienter. Das Verfahren, das Vorgänge im Körper auch in Bewegung sichtbar macht, ermöglicht erstmals eine Untersuchung von kleinen Kindern ohne Sedierung und Narkose, was in der Kinderradiologie eine Sensation darstellt.

Jens Frahm und sein Team am Max-Planck-Institut in Göttingen hatten sich in den 1980er-Jahren zum Ziel gesetzt, die MRT-Technologie schneller zu machen und hatten eine revolutionäre Idee: Sie nutzten nur einen Teil des verfügbaren MRT-Signals für jede Einzelmessung, anstatt das gesamte Signal zu verwenden. Mit diesem innovativen physikalischen Trick konnten sie die Messzeiten radikal verkürzen - um mindestens den Faktor 100. Mit dem neu entwickelten FLASH-Verfahren war es nun innerhalb weniger Minuten möglich, hochaufgelöste dreidimensionale MRT-Bilder vom Inneren eines Patienten zu erstellen. Die FLASH-Technik erregte rasch das Interesse führender MRT-Gerätehersteller und ist seither weltweit im Einsatz.

Trotz der bahnbrechenden Verbesserungen, die FLASH mit sich brachte, war die Überwachung dynamischer Prozesse in Echtzeit nicht möglich. Die Vielzahl an Messdaten, die für die Rekonstruktion von Bildern mit hoher räumlicher Auflösung und ausreichendem Signal-Rausch-Verhältnis erforderlich waren, führten immer noch zu Messzeiten im Sekundenbereich. Insbesondere bei der Untersuchung von kleinen Kindern stellte dies eine große Herausforderung dar, da die Bewegung des Kindes die Bildqualität stark beeinträchtigen konnte. Es war klar, dass eine weitere Entwicklung erforderlich war, um dieses Hindernis zu überwinden und das volle Potenzial der MRT in der medizinischen Diagnostik auszuschöpfen. Hier setzt FLASH 2 an und bietet eine Lösung für diese Herausforderungen.

FLASH 2 ermöglicht Aufnahmen in Millisekunden statt Sekunden

2010 gelang den Wissenschaftlern der Durchbruch. Durch die Entwicklung neuartiger Kodierungsstrategien und mathematischer Ansätze zur Bildrekonstruktion von stark unterabgetasteten Datensätzen konnten die Messzeiten für serielle Bilder auf nur etwa 10 bis 50 Millisekunden reduziert werden. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 20 bis 100 Bildern pro Sekunde. So können mit FLASH 2 MRT-Filme, z.B. von einem schlagenden Herz, in Echtzeit generiert werden. Dies eröffnet eine Vielzahl von bisher unmöglichen Anwendungen in Wissenschaft und Medizin.

Jens Frahm: “Wir sind nicht nur sicher, die richtige physikalische und mathematische Lösung für das Problem gefunden zu haben, sondern es ist uns auch gelungen, eine einfache technische Lösung für die praktische Realisierung zu erarbeiten. So lässt sich ein vorhandenes MRT-Gerät mit einem geeigneten Rechner und den verschiedenen Messprotokollen schnell und sicher nachrüsten. Damit steht einer breiten klinisch-radiologischen Umsetzung nichts mehr im Wege.“

In der Kinderradiologie des Universitätsklinikums Leipzig wird FLASH 2 erfolgreich zu Forschungszwecken eingesetzt. Beiträge zur Lehre und Forschung sind ein wichtiger Bestandteil der Institutsarbeit und die Echtzeit-MRT Bildgebung stellt einen der Forschungsschwerpunkte dar.

Professor Dr. med. Franz Wolfgang Hirsch, Direktor des Instituts für Kinderradiologie, über die Echtzeit-MRT Bildgebung: "Kinder und insbesondere Kleinkinder sind besonders strahlenempfindlich. Die Magnetresonanztomografie ist daher eine äußerst wichtige Untersuchungstechnik bei Kindern. Die Dauer herkömmlicher MRT-Aufnahmen macht jedoch oftmals eine Sedierung oder Narkose notwendig, was wiederum Risiken und Unannehmlichkeiten für die jungen Patienten mit sich brachte. Die FLASH 2-Technik ermöglicht uns erstmals MRT-Bilder von kleinen Kindern ohne diese Maßnahmen zu erstellen. Dies stellt eine sensationelle Neuerung dar und löst ein grundlegendes klinisches Problem. Die Bewegungsresistenz der FLASH 2-Technik hat das Potenzial, die Zukunft der MRT-Bildgebung für Kinder nachhaltig zu verändern."

Weitere Informationen zur Echtzeit-MRT in der Kinderradiologie des Universitätsklinikums Leipzig:


Lizenz für Forschungszwecke

Max-Planck-Innovation (MI), die Technologietransfer-Organisation der Max-Planck-Gesellschaft, lizenziert das FLASH 2-Verfahren und ermöglicht seine Anwendung in Forschungseinrichtungen und Kliniken. Diese Einrichtungen erhalten spezielle Pulssequenzen zur Steuerung eines vorhandenen MRT-Geräts sowie eine Software zur Datenanalyse. Die Ergebnisse werden mithilfe eines Grafikkartenrechners auf dem MRT-Gerät wie alle anderen Bilder dargestellt und archiviert. Die Bedienung der Messprotokolle bedarf dabei keinerlei spezieller Kenntnisse. Zahlreiche weitere renommierte Einrichtungen wie die Universitätsmedizin Göttingen, das Radcliffe Hospital der University of Oxford oder die John Hopkins University in Baltimore wenden das FLASH 2-Verfahren bereits erfolgreich an.

Bernd Ctortecka, Patent- und Lizenzmanager bei MI, betont die Vorteile von FLASH 2 für die Forschung: "FLASH 2 hat das Potenzial, die medizinische Diagnostik erheblich zu verbessern. Durch die Anwendung dieser innovativen Technologie werden die Forschung vorangetrieben und neue Erkenntnisse gewonnen. Wir sind begeistert, dass FLASH 2 bereits von führenden Forschungsinstituten und Kliniken weltweit in der Forschung genutzt wird und freuen uns auf weitere Entwicklungen und Anwendungen in der Zukunft."

Mit dem Einsatz von FLASH 2 in der Kinderradiologie wird ein Meilenstein erreicht, der die MRT-Bildgebung für kleine Kinder revolutioniert. Die schnelle und bewegungsresistente Bildgebung eröffnet neue Möglichkeiten für die Diagnose und Behandlung von jungen Patienten. Durch die anhaltende Forschung und Entwicklung von FLASH 2 werden in Zukunft noch mehr Anwendungen und Erkenntnisse in den verschiedensten Forschungsfeldern erwartet, die die medizinische Versorgung weiter verbessern und den Patienten zugutekommen werden.


Über das Universitätsklinikum Leipzig

Medizin ist unsere Berufung - dieser Leitsatz prägt den Alltag an Leipzigs größtem Klinikum mit 1451 Betten. Mehr als 6000 Mitarbeiter:innen arbeiten hier an der Versorgung von jährlich 400.000 stationären und ambulanten Patient:innen auf höchstem medizinischen Niveau, zugewandt und nah am Menschen. Erkenntnisse der medizinischen Forschung fließen bei uns frühzeitig direkt in die Krankenversorgung und ermöglichen unseren Patient:innen Zugang zu neuesten Verfahren und Behandlungen.

Die Kinderradiologie des Klinikums ist für die bildgebende Diagnostik bei Kindern zuständig und das geschieht heute ganz überwiegend mit Ultraschall und Kernspintomographie, also mit Hilfe von Magnetfeldern und ohne Röntgenstrahlung. Das hochspezialisierte Institut führt die bildgebende Diagnostik ausschließlich bei Kindern durch, angefangen beim noch ungeborenen Baby während der Schwangerschaft bis in das Jugendalter.
www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/kinderradiologie

 

Über das MPI für multidisziplinäre Naturwissenschaften

Das Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften wurde am 1. Januar 2022 durch die Fusion zweier bereits bestehender Göttinger Institute, dem MPI für biophysikalische Chemie und dem MPI für Experimentelle Medizin gegründet. Die zwei Standorte der Institute blieben dabei als City-Campus und Faßberg-Campus bestehen. Am Institut erforschen wir wissenschaftliche Fragestellungen von Physik und Chemie über Struktur- und Zellbiologie bis hin zu Neurowissenschaften und biomedizinischer Forschung. Die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung kann sich so noch effektiver mit medizinischen Forschungsansätzen vernetzen

Wir sind von der Überzeugung geleitet, dass sich große wissenschaftliche Entdeckungen dann erreichen lassen, wenn Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Fachrichtungen und Forschungskulturen – wie Physik, Chemie und Biologie – zusammenarbeiten und sich unvoreingenommen über Ideen austauschen. Nicht zuletzt aus diesem Grund gelangen an unserem Institut immer wieder wissenschaftliche Durchbrüche wie die Relaxationsmethoden, mit denen sich extrem schnelle Reaktionen messen lassen (Nobelpreis an Physikochemiker Manfred Eigen 1967), die Patch-Clamp-Methode zur Messung von Ionenströmen an Zellmembranen (Nobelpreis an Physiker Erwin Neher und Mediziner Bert Sakmann 1991), die Mikroskopie auf der Nanometerskala, die eine Auflösung bis zu wenigen Nanometern ermöglicht (Nobelpreis an Physiker Stefan W. Hell 2014) sowie die Kernspintomografie, die Kernspinresonanzspektroskopie, die optische Spektroskopie oder Computersimulationen.

Weitere Informationen unter: www.mpinat.mpg.de

 

Über Max-Planck-Innovation

Als Technologietransfer-Organisation der Max-Planck-Gesellschaft ist Max-Planck-Innovation das Bindeglied zwischen Industrie und Grundlagenforschung. Mit unserem interdisziplinären Team beraten und unterstützen wir die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Max-Planck-Institute bei der Bewertung von Erfindungen, der Anmeldung von Patenten sowie der Gründung von Unternehmen. Der Industrie bieten wir einen zentralen Zugang zu den Innovationen der Max-Planck-Institute. Damit erfüllen wir eine wichtige Aufgabe: Den Transfer von Ergebnissen der Grundlagenforschung in wirtschaftlich und gesellschaftlich nützliche Produkte.

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